Yves Kleins Blau und die Museumspädagogik
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Als Jugendlicher erwarb ich einst eine Dose blauen Lacks. Ich färbte damit zuerst nur ein paar Gegenstände des Alltags ein, weil ich die Farbe so liebte. Meinen Wecker, meine Füllfeder, eine Federschachtel, eine Feder. Dann kaufte ich blaue Dispersionsfarbe und die Wände und die Decke meines Zimmers erstrahlten im Blau des Himmels. Es folgten mein Tisch, mein Stuhl, mein Kasten, meine Türe. Ich hatte noch lange keine Ahnung von Yves Klein, obwohl er ein Jahr nach meiner Geburt gestorben und damals schon eine Berühmtheit war, da schuf ich mir schon meinen Himmel, meinen Ozean.

 Im Palais Lichtenstein sah ich während des Hochschullehrganges zur Museumspädagogik das erste Originalbild von ihm. Und es verschlug mir die Sprache. Denn ich erkannte nicht eine monochrom bemalte blaue Leinwand, keinen großartigen und legendären Künstler, sondern einen Teil meines Selbst. Da wusste ich, was tatsächlich in jeder Form von Pädagogik zählt. Die Heranführung an sich selbst. Später im Kunsthistorischen Museum: Jupiter und Io von Antonio Allegri. Jupiter als atmosphärische Erscheinung dargestellt, als eine graublaue Wolke, die Ios nackte Haut streift und beim Betrachter ein angenehmes Kribbeln erzeugt, als streifte ihn selbst ein kalter Windhauch an einem heißen Sommertag. Die großartige Verbindung der Natur mit dem Menschen. Da lernte ich, wie wichtig es ist, nicht nur zu sehen, sondern vielmehr zu empfinden.

Ich hatte gerade eine große Zäsur erfahren, war Direktor eines Museums geworden, und das, obwohl ich von dessen Inhalten, akademisch gesehen, bis dahin wenig bis gar keine Ahnung hatte. Doch ich durfte lernen, erfahren. Heute, wenn ich Rückschau halte, bin ich unendlich dankbar dafür. Denn nichts ist wertvoller als sich selbst immer wieder neu zu erfahren und neu kennenzulernen, indem man nie aufhört neugierig zu sein, dadurch jede Minute seines Lebens ein neues Wunder erfährt, und das nicht weil man es sucht, sondern weil man es findet.  Und weil man es auch nie beim Namen nennen muss um es zu erfahren. Es war eine schöne Zeit, und sie ist es heute noch. 

Stefan Zoltan, 2.4.2012

Foto: Stefan Zoltan als 6. von links (im roten Pullover) beim Hochschullehrgang Museumspädagogik 1993 in Wien.


Foto: Privatarchiv Monika Moser

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